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Der beste Auftritt meines Lebens

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Nach der erstaunlichen Resonanz auf meinen Beitrag „Der übelste Auftritt meines Lebens“ möchte ich der negativen Energie, die dieser Blogeintrag verströmt, gerne etwas positives entgegensetzen: „Der beste Auftritt meines Lebens“. Nun könnte es sein, dass dieser Eintrag etwas langweilig gerät, denn wer möchte schon lesen, dass alles glatt ging? Aber keine Sorge, dieser Post hat  einige interessante Wendungen zu bieten…

Ich mag Frage- und Antwortspiele. Wenn ich Menschen kennenlernen möchte, stelle ich ihnen Fragen. Letztes Buch? Wohin würdest Du gerne mal reisen? Einfach mal fragen. Wenn ich Leuten die Frage gestellt habe, „In welchem Land fand wohl der geilste Gig meines Lebens jemals statt?“, bekam ich eigentlich immer die Antwort: „In der Schweiz!“. Keine Ahnung warum. Aber es stimmt!

Es fing ziemlich chaotisch an: Der Weg vom Parkplatz zum Flughafen war weiter als gedacht. Ich hatte meine wichtigsten Geräte im Handgepäck. Ich war sehr spät dran, als ich zur Sicherheitskontrolle am Flughafen kam. Der Beamte beäugte misstrauisch meine Geräte. Sowas hatte er anscheinend noch nicht gesehen. Sein Gerät zum Aufspüren von Sprengstoff hatte die Größe eines Spargelschälers. Meine Geräte waren, nebeneinander ausgebreitet, etwa 1,5 Quadratmeter groß. Aber sie waren nicht ausgebreitet. Ich hatte sie in der einzigen möglichen Anordnung in einem Koffer verstaut. Diese Anordnung war gestern Abend in mühevoller Kleinarbeit entstanden. Jede Komponente meines Equipments wurde mit dem Gerät zur Sprengstofferkennung gescannt. Dabei bewegte der Beamte sein Messgerät mit der Geschwindigkeit von tektonischen Plattenverschiebungen. Die Uhr tickte.

Nachdem die Unbedenklichkeit meines Equipments festgestellt worden war, musste ich alles irgendwie wieder in die ursprüngliche Packordnung bringen. Danach hastete ich zu meinem Gate. Es war maximal weit entfernt. Als ich ein unbeaufsichtigtes Elektrofahrzeug erspähte, schoss mir ein verwegener Gedanke durch den Kopf…aber so cool bin ich dann auch nicht. Also: Die Beine in die Hand nehmen. Ich erreiche das Gate, betrete im letzten Moment das Flugzeug und freue mich wie ein Schneekönig, dass ich den Flug bekommen habe. Becker-Faut. Laut ausgerufenes „Yes!“. 200 Passagiere schauen mich an, während ich im Eingangsbereich einen Freudentanz aufführe. Peinlich.

Wir landen in Zürich. Am Flughafen werde ich abgeholt. „Herzlich willkommen, ich bin Stefan, dein persönlicher Assistent für dieses Wochenende!“ Wir fahren zum Auftrittsort. Alles angeforderte Equipment auf der Bühne ist da. Im Backstagebereich stehen 4 Computer, um im Internet zu surfen. Auf dem Tisch steht eine Dose mit allen gängigen Drogen dieser Welt. Neben bequemen Sofas steht ein Kühlschrank mit allen gängigen Getränken dieser Welt.

Der Soundcheck läuft gut und entspannt. Eine Stunde vor dem Auftritt spricht mich jemand an:“Ich mache heute hier die Visuals – hast du ne Lieblingsfarbe?! Was darf ich hinter Dir auf die Leinwand zaubern, damit Du happy bist? Ich hab mir mal deine Musik angehört, und DAS sind meine Vorschläge dazu. Hier hast Du drei Entwürfe, sag mir doch bitte mal, was Dir davon gefällt.“ Ich bin beeindruckt und wähle „Variante 2“.

Wo bin ich den hier gelandet? Diese Schweizer – so geil!

Mein Gig soll um 22 Uhr losgehen. Und es ging um 22 Uhr los. Nicht 21:59 Uhr. Nicht 22:01 Uhr. 22 Uhr!

Mit geilen Visuals. Prima Sound. Tänzerinnen. Stefan ging dann am nächsten Tag mit mir auf Sightseeing-Tour. Auf den Flohmarkt. Wo wir zufällig eine der Tänzerinnen trafen. In die angesagtesten CD/LP-Shops (wo ich mir die Cello-Suiten von Bach in der Einspielung von Yo-Yo Ma kaufte…eine tolle Erinnerung an diesen Tag!).

Besser geht es nicht. Was für eine Wohltat! Ach, wäre es doch immer so….An diesem einen Abend war alles perfekt. Und das will, verdammt noch mal, was heißen!

„Perfekt!“

Eigentlich gibt es das Wort bei mir nicht.