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Elbphilharmonie – Teil 2

Und dann steht es von einem Tag auf den anderen plötzlich überall im Netz: Wir in der Elbphilharmonie.

Und da wird Dir klar: Ab jetzt tickt die Uhr – runter.

Da steht hinter deinem Namen in der Vorankündigung „Gitarre“ und Du hast den Job als Gitarrenlehrer nach zwanzig Jahren im Herbst 2016 an den Nagel gehängt und seitdem vielleicht mal „Der Mond ist aufgegangen“ für die 3-Jährige zum Einschlafen gespielt. Und es gibt bisher kein einziges geschriebenes Wort für die Beschreibung und Vorankündigung des Projektes. Und Facebook braucht Musik-Ausschnitte, um den Gig zu promoten. Ja, was glaubst denn Du: Es ist nicht mehr 1996 und Plakat am Baustellenzaun alles. Und natürlich brauchst Du auch noch ca. 40 Minuten mehr Musik für ein abendfüllendes Programm. Und ein Backup-System, falls der Computer zicken sollte. Und doppelte „Controller“ (also Geräte zum Spielen des Computers). Und Licht. Einen Bühnenaufbau. Für ein rundes Haus. Ein anderes Audiointerface. Verlässliche Kabel. Reichlich. Passende Klamotten. Karten für die Familie und deine Freunde. Übernachtungsmöglichkeiten. Aber nebenher hast Du eine 60 Stunden-Arbeitswoche. Ein Kind. Eine Freundin. Geburtstage. Einschulungen. Einkäufe. Wäsche. Abwasch. Ein kaputtes Handy. Emails. Altglas. Pfand. Und eigentlich hast Du ja Ferien und müsstest Dich dringend mal erholen.

Und die Erfahrung: Schon mal „König der Vorbereitung“ gewesen. Aber dann am Stichtag: Völlig übermüdet. Augenringe bis zum Kinn, frage nicht. So soll das nicht wieder werden. Also eine Balance herstellen. Hundert Dinge auf einem Zettel, trotzdem Schwimmen gehen. Hauptsächlich Kinderbereich. Aber auch Köpper vom Dreier.

Letzte Woche bei Woody Allen in der Elbphilharmonie. Der Sound unbeschreiblich. Gut! Ambiente phänomenal. Trotzdem gehöre ich zu den Kritikern der Elbphilharmonie. War einfach zu teuer. Hätte man das „Molotov“ mit vergolden oder den „Pudel“ fünfzehnstöckig aufbauen können. Oder die ganze Kohle für Flüchtlingshilfe im Mittelmeer. Könnten wir halt nicht in diesem Neubau spielen. Wäre mir ehrlich gesagt auch egal, wenn dadurch weniger Leute im Mittelmeer ertrinken, weil für 750 Millionen kannst Du einige Leute aus der Not retten: „Sie wurden gerettet mit freundlicher Unterstützung der Stadt Hamburg – dem Tor zum Leben…äh…zur Welt!“. Wäre eine dufte Aktion gewesen.

Als Musiker finde ich´s geil da zu spielen, keine Frage. Der mitfühlende Mensch in mir findet es pervers, von einem 750 Millionen-Haus umgeben zu sein. Diesen Spagat muss ich für mich auch noch irgendwie sortieren. Auf der Liste.